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Lass uns doch einfach zu Hause bleiben…

…ist wahrscheinlich eine der klügeren Entscheidungen, die man hier in Belfast am gestrigen „Orange Day“ treffen konnte. Zur Information: „Orange Day“ bezieht sich auf die Farbe, mit der britische Protestanten in Nordirland ihre Religionszugehörigkeit zum Besten geben, weswegen uns auch vor der Reise eindringlich dazu geraten wurde, selbige Farbe bei unseren Outfits zu vermeiden.

Der nordirische Feiertag selbst gibt den Einwohnern Nordirlands jedes Jahr die Gelegenheit, dem endgültigen Sieg Wilhelms von Oranien gegen die irischen Katholiken vor über 300 Jahren zu gedenken. Was sich in diesem Artikel eigentlich nach einer schönen, friedlichen Sache anhört, sieht in der Realität allerdings ganz anders aus.

Um uns selbst einen Eindruck zu verschaffen, haben wir gestern morgen den Parademarsch besucht, der jährlich zum „Orange Day“ durch die gesamte Stadt zieht. Zugegeben, am Morgen wirkt die gesamte Stadt bis auf die Route des Umzuges, an denen sich schon relativ früh einige angetrunkene Einwohner sammeln, um ausgiebig zu feiern, eigentlich noch sehr normal.

Der Marsch besteht aus unglaublich vielen Vereinigungen, hier in Belfast so genannten L.O.L’s, welche nacheinander durch die gesamte Stadt ziehen und dabei eigentlich eine sehr angenehme Stimmung verbreiten. Wenn ich unglaublich viele Vereinigungen sage, meine ich damit, dass wir uns für circa 2 Stunden an den Strassenrand gestellt haben, um uns die pausenlos vorbeimarschierenden und teils auch musizierenden L.O.L’s zu Gemüte zu führen.

So weit, so gut. Wie es natürlich immer an Feiertagen ist, stellten wir am Nachmittag fest, dass uns noch einige Lebensmittel für den morgigen Tag fehlten und so machten wir uns etwa um 16:00 auf den Weg in die Innenstadt, um einen Supermarkt zu finden, der um diese Zeit noch geöffnet hat. Um Zeit zu sparen, bestellten wir ein Taxi und kamen auch innerhalb von zehn Minuten im Zentrum an. Als wir nach einer weiteren Stunde glücklicherweise alle Besorgungen erledigt hatten, liefen wir auf derselben Strecke zurück, die wir auch auf dem Hinweg genommen hatten. Die Belfaster Innenstadt hatte sich in diesen 60 Minuten allerdings in einen Hexenkessel verwandelt: An eine Durchfahrt mit dem Auto war nicht mehr zu denken, da sich sämtliche Hauptstraßen mit feiernden Protestanten gefüllt hatten. Immerhin konnten wir uns zu Fuß doch noch in unser Viertel „vorkämpfen“.

Man merkte am frühen Abend allerdings schon, dass viele Einwohner schon ordentlich über den Durst getrunken hatten und sich nun auch einige relativ aggressive Passanten auf der Straße tummelten. So wurde unser freundliches „Nein.“ auf die Frage nach drei Zigaretten mit einem ungläubigem „Are they fucking with us?“ und dem darauf folgendem (missglückten) Wurf eines Kieselsteins nach uns quittiert.

Nachdem wir alle wieder heil zu Hause angekommen sind, entschieden wir uns also, den restlichen Abend gemütlich in den heimischen vier Wänden zu verbringen. Lediglich ein paar der Spanier wollten noch nach einem Pub in der Nähe Ausschau halten, kehrten aber wieder um, nachdem auf der Straße schon vereinzelt Flaschen geworfen wurden.

So endete also der „Orange Day“ noch relativ friedlich für uns. Für alle, die am Abend jedoch immer noch auf der Straße, und insbesondere im Zentrum, zugegen waren, mag folgender Artikel vom Focus Online Magazin den eigenen Eindrücken vielleicht eher entsprechen:

„Bei den seit zwei Nächten tobenden Ausschreitungen zwischen militanten Katholiken und Sicherheitskräften sind in Belfast 40 Polizisten verletzt worden. Das teilte der stellvertretende Polizeipräsident Alistair Finlay am Mittwoch mit. Anlass der Ausschreitungen war der am Dienstag von nordirischen Protestanten mit Umzügen begangene Feiertag „Der Zwölfte,“ an dem sie des Siegs über die irischen Katholiken bei der Schlacht von Boyne am 12. Juli 1690 gedenken.

[…]

Brennpunkt war das im Norden Belfasts gelegene Viertel Ardoyne, wo gewaltbereite Teenager die Sicherheitskräfte fünf Stunden lang mit Molotowcocktails, Pflastersteinen, Holzbrettern und gestohlenen Möbelstücken bewarfen. Sechzehn Beamte wurden dabei verletzt, darunter einer, der nach einem Angriff von Kopf bis Fuß in Flammen stand. Dieser habe jedoch dank eines großflächig aufgetragenes Flammschutzmittel nur leichte Verbrennungen davon getragen, erklärte Finlay.“

(Quelle: http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/nordirland-kein-ende-der-blutigen-ausschreitungen_aid_645584.html)

Zum Abschluss hier noch ein paar Bilder der Parade, die wir am gestrigen Morgen besucht haben:

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